“Wir müssen Leistung stärken und Kosten in den Griff bekommen, um wettbewerbsfähig zu sein. Es sind auch Einsparungen nötig, es muss über alles nachgedacht werden. […] Volkswagen ist sehr am Sozialen und dem Wohl der Mitarbeiter orientiert. Das soll auch so bleiben — aber das Soziale kann man sich nur leisten, wenn auch das unternehmerische Ergebnis stimmt.”
“Das ist mir so vorher noch nie passiert. Ich hatte versucht mit jemandem zu sprechen, der wirklich Einfluss hat in dem Konzern. Der wollte dann nicht. Und hat mich gewarnt. […] Und der sagte: “Das wird noch ganz schön rumpeln. In Wolfsburg. In den nächsten Monaten.” Ich hab das mal so gedeutet: Es wird noch um Jobs gehen. Und es wird vielleicht auch um Werksschließungen gehen. Also um Themen, die sehr sensibel sind. Gerade in Wolfsburg.”
Das Argument trifft für Volkswagen nicht zu. Mit 20% Aktien und damit mit einer über das Volkswagen-Gesetz garantierten Sperrminorität trägt die Politik (das Land Niedersachsen) alle Konzernentscheidungen mit. Das Land ist keine externe Regulatorin, sondern Mittäterin. Die Transformation findet aber nicht nur hinter den Toren von VW statt, sondern sie muss überall passieren. Im Verkehrssektor richtet sich die Nachfrage größtenteils nach dem Angebot. Ein gut ausgebauter, niedrigschwellig nutzbarer ÖPNV wird genutzt. Gerade das 9‑Euro-Ticket hat das deutlich gemacht. Gleichzeitig wurde der massive Ausbaubedarf sichtbar. Dafür braucht es entsprechende Verkehrsmittel: Straßenbahnen, Busse oder ganz andere, neue öffentliche Mobilitätsformen. Statt Lobbyarbeit gegen eine Verkehrswende zu machen, könnten Kraft, Motivation und Wissen aus der Volkswagen-Belegschaft genutzt werden, um eine Verkehrswende aktiv voranzutreiben. Durch starke öffentliche Mitbestimmungsmöglichkeiten und Anteile des Landes Niedersachsen könnte gerade Volkswagen für Verkehrswende-Pionierarbeit genutzt werden.
Richtig ist, dass wir eine globale Perspektive brauchen und vor der eigenen Türe kehren müssen. Laut statista.com liegt bei den energiebedingten CO2-Emissionen pro Kopf weltweit im Jahr 2021 Deutschland auf Platz 10, China auf Platz 12 und Indien auf Platz 28. Auf einem einsamen Spitzenplatz liegt Katar, USA auf Platz 5. Je reicher desto schmutziger. Großkonzerne aus dem globalen Norden wie Volkswagen betreiben Enteignung von Land und Ressourcen und Zerstörung der Natur und damit der Lebensgrundlagen der Menschen weltweit. Auch gegen die Verbrechen von Volkswagen gibt es Widerstand. Beispiel: Die ganze Region von Puebla ist durch den Wasserverbrauch von VW landwirtschaftlich unbrauchbar: Täglich verbraucht VW fast 13 Mio. Liter Wasser und manipuliert den Niederschlag, so dass es in der Region nicht regnet, um die frisch fabrizierten Autos zu ‚schützen‘. Von der illegalen Aneignung Indigenen Territoriums über die massive Verletzung von Arbeitsrecht, Verfolgung politischer Gegner*innen und massive Verschmutzung der anliegenden Gewässer bedient der deutsche Konzern die ganze Zerstörungspalette.
Es gibt keine emissionsfreien Autos. Emissionstechnisch haben Elektroautos lediglich den Vorteil, dass keine Abgase aus dem Auspuff kommen (beim aktuellen Strommix eher aus Kraftwerksschloten) – alle anderen Emissionen wie Feinstaub, Reifenabrieb oder Lärm bleiben. Bei dem Umbau auf Elektroautos geht es den Konzernen nicht um Klimapolitik. Elektroautos sind keine grüne Alternative zum Verbrenner, sondern lediglich ein weiterer Versuch der Autoindustrie, noch mehr Profite aus ausbeuterischer Produktion zu schlagen. Bei einem Umbau auf Elektroautos bleiben die meisten Probleme des Autoverkehrs. Nur die CO2-Bilanz könnte besser werden – und selbst das ist zweifelhaft. Einiges wird sogar schlimmer. Der Umbau für E‑Autos blockiert die wirkliche Verkehrswende.
Immer wieder kommt die Frage auf, ob die Konversion möglich wäre. Technisch und sachlich ist dies wenig bestritten. Selbstverständlich gibt es eine ganze Reihe Maschinen und Anlagen, die so speziell sind, dass sie kaum für etwas anderes taugen, als zu dem Zwecke, für den sie hergestellt wurden. Doch der Großteil lässt sich noch eine Weile verwenden. Grundsätzlich werden Maschinen und Anlagen aber ohnehin regelmäßig erneuert. Was die Arbeiter*innen und Ingenieur*innen angeht: Wir können Metall, wir können Kunststoff, wir können Elektrik und wir können Kräfte berechnen. Warum sollte also eine Automobilbelegschaft nicht Straßenbahnen bauen können? Selbstverständlich bedeutet es für alle Veränderung und die Bereitschaft für Neues, aber nichts Unmögliches. Eine von der Hans-Böckler-Stiftung beauftragte Studie der M‑Five und des Fraunhofer ISI belegt ein Beschäftigungspotential von 69.000 Beschäftigten im Schienenfahrzeugbau bis 2035. In dem Maße wie die Autoindustrie an Bedeutung verliert, gewinnt der Schienenfahrzeugbau hinzu.
Über 60.000 Arbeitsplätze wurden laut statistischem Bundesamt in den Jahren 2018 bis 2022 in der Autozulieferindustrie verlagert oder vernichtet. Volkswagen hat den Abbau von 15.000 Arbeitsplätzen angekündigt. Wenn die Krise sich so weiterentwickelt, kommt vielleicht bald der Tag, an dem der Porsche-Piëch-Clan sich keine Profite mehr verspricht und, so wie Opel in Bochum oder Ford in Saarlouis, das Werk dichtmachen will. Learning from Detroit – so der prophetische Titel einer Ausstellung vor 10 Jahren im Wolfsburger Kunstverein. In der gesamten Branche stehen bis zu 400.000 Arbeitsplätze auf dem Spiel. VW baut die Werke in Emden und Zwickau für E‑Autos um; bei Daimler und BMW gibt es ähnliche Pläne. Beschäftigung kann nur gehalten werden, wenn der Absatz steigt. In den beiden VW-Werken sollen pro Jahr 600.000 E‑Autos gebaut werden. Was, wenn die Nachfrage schleppend bleibt? Von wegen „der Markt“: Ohne staatliche Subventionen würde es kein E‑Auto geben.
Du fragst Dich: Warum ist Volkswagen das Problem? Oder: Welche Probleme hat VW? Das ist ganz einfach. Alle Möglichkeiten, sich auf dem Markt gegen andere Wettbewerber im Konkurrenzkampf durchzusetzen, scheitern. Konkret: Antriebswende, Software, Intigrität und Luxus.
Das Problem heißt Antriebswende
Nicht nur, dass E‑Autos eine Scheinlösung sind und höchstens der Wirtschaft helfen und nicht der Umwelt, scheitert Volkswagen auch hier überall. Denn die Konkurrenz aus China (BYD) und den USA (Tesla) baut mindestens gleichwertige Autos, wenn nicht sogar besser und dann auch noch günstiger. Warum sollte ich also einen VW kaufen? Und dann fehlt eben noch das, was ein Auto heute zum Auto macht: Die Software.
Das Problem heißt Software
Mit der Software-Tochter Cariad ist Volkswagen maßlos überfordert. Erst scheitert ihr Meilensteinprojekt am Stammwerk Wolfsburg names Trinity aufgrund fehlender Software und dann wird versucht durch einen Vorstandswechsel neue Wege zu gehen. Ein Wirrwarr und Haufen Elend, welcher zum Scheitern verurteilt ist. Das Auto ist nicht mehr nur ein Auto, sondern ein digitaler Kosmos, der das Fahrzeug auf dem Weltmarkt überhaupt überlebensfähig macht.
Das Problem heißt Integrität
Warum sollte ich heute einen Volkswagen kaufen, wenn das einzige Merkmal noch Ehrlichkeit wäre, die aber längst nicht mehr vorhanden ist. Alles Lug und Betrug. Mehr nicht. Tradition seit spätestens 2015.
Das Problem heißt Luxus
Dass Oliver Blume Chef von VW und Porsche zugleich ist, ist kein Zufall. Es geht darum alle Marken profitabel zu machen und an die Börse zu bringen. Porsche ist das fulminant gelungen. Audi und andere Luxusmarken werden es sicher auch noch versuchen und ggfs. schaffen können. Aber VW als Volkswagen und Volumenmarke ist nicht überlebensfähig. Es wird abgestoßen und die Allmachtsphantasien eines Wolfgang Porsche nun wieder an der Spitze zu sein werden sich dadurch zwar nicht erfüllen lassen, aber genauso wie 2008 am Größenwahn scheitern.
Aber das Problem hat System und heißt Kapitalismus
Es geht natürlich gar nicht darum, dass VW nun konkurrenzfähiger im globalen Wettbewerb zu machen, um noch mehr Profit für Wenige (Wolfgang Porsche, Emirat Katar, …) zu machen, sondern ein Gutes Leben für Alle zu erkämpfen und dabei Mobilität als Darseinsvorsorge zu begreifen. Deswegen ist die Transformation zwischen Konversion und Vergesellschaftung dringend notwendig.